My Berlin Years

Braco Dimitrijević

29.10 – 07.01

Opening: Friday, October 28, 6–9 pm

 

Braco Dimitrijević arrived in Berlin as one of the DAAD guests in 1976 along with On Kawara, Malcolm Morley, Dan Graham, Yvonne Rainer, among others. Coming to grips with Berlin, which at that time was surrounded by a wall and packed with War World II memories, was hard for a young man who grew up in post war Yugoslavia. But after an initial period of getting accustomed to the city, a process in which René Block Galerie played an important role, Berlin proved to be a great inspiration for the artist during an extremely prolific period in his career.

Invited by René Block for a solo exhibition in his gallery on Schaperstrase, in September of 1976,Dimitrijević realized an important public work when he hung a blown up portrait of a woman, a Casual-Passer-By, on the facade of the Hochschule der Künste on Steinplatz. Dimitrijević was already internationally known for similar works, which were realized in Paris, Naples, Zagreb,Venice and in Kassel for documenta 5 in 1972.

That same year another very important cycle of Braco Dimitrijević’s oeuvre started in Berlin. For the first time he was given permission to make installations incorporating original master works from a museum, the Berlin Neue Nationalgalerie, which offered paintings by Mondrian, Kandinsky, Picasso, Manet. In these works with the generic title Triptychos Post Historicus the artist confronts and unites high art, everyday life and nature, changing forever the relationship betweenthe museum collection and the contemporary artist by using existing art works as ‘ready mades’ and as starting points for creating other works of art.
Triptychos Post Historicus marked a new departure not only in Dimitrijević’s oeuvre but proved to be prophetic for the ‘appropriation’ tendency which started in the 1980s, as well as being a catalyst for changing curators’ attitudes towards art historical chronology.

Berlin, being a city full of historical references, was also an inspiration for a series of photographic pieces titled This Could be a Place of Historical Interest, which were later shown at documenta 6. Paradoxically, these photographs of anonymous sites don’t possess any historical grandeur, but they efficiently question the notion of ‘historical importance’.

The most spectacular work Braco Dimitrijević realized in Berlin is the monument in the garden ofthe Schloss Charlottenburg. The project, which he initiated during his stay in the city in 1976, was completed in 1979 with the financial assistance of the Berlin Senat, Berlin Lottery, DAAD and Schloss Chalottenburg. It is a 10 meter high, white Carrara marble obelisk, erected in honor of Peter Malwitz’s birthday, a ‘regular’ person that the artist met by chance. Dimitrijević dedicated the obelisk to this passerby’s date of birth by engraving with gilded letters in four languages 11 March – This Could be a Day of Historical Importance. This ‘obelisk beyond history’, as the artist put it, is the most monumental conceptual art work ever made. Today visitors can find this monument at the end of the Schloss Charlottenburg garden, still bearing witness to an era when the most adventurous art projects were possible.

Daniel Marzona will present an important selection of Braco Dimitrijević’s work from this period.

 

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Braco Dimitrijević kam 1976 im Rahmen eines DAAD-Stipendiums zusammen mit On Kawara, Malcom Morley, Dan Graham, Yvonne Reiner und anderen nach Berlin. Die erste Begegnung mit der Stadt, die von einer Mauer umgeben war, und voller Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg steckte, war schwierig für den jungen Mann, der im Jugoslawien der Nachkriegszeit aufgewachsen war. Nach einer Phase der Eingewöhnung, in der René Block eine wichtige Rolle spielte, sollte sich Berlin als enorm inspirierend für eine der wichtigsten Schaffensphasen im Werk desKünstlers erweisen.

Block lud Dimitrijević ein, im September 1976 in seiner Galerie in der Schaperstraße eine Einzelausstellung einzurichten, und wenig später realisierte der Künstler eine wichtige Arbeit im öffentlichen Raum, als er an der Fassade der Hochschule der Künste ein großformatiges, fotografisches Portrait einer Frau anbrachte – eine Arbeit aus seiner Casual-Passer-By-Serie. Ähnliche Fotografien hatte er schon in Paris, Neapel, Zagreb und Venedig und 1972 auf der documenta 5 ausgestellt, womit er sich erste internationale Anerkennung erwarb. Einen anderen wichtigen Werkzyklus begann Dimitrijević ebenfalls in Berlin. Zum ersten Mal erhielt er nach sechsmonatiger Verhandlung die Erlaubnis, Installationen unter Einbezug von originalen Meisterwerken wie zum Beispiel Bildern von Mondrian, Kandinsky, Picasso oder Manet in der Berliner Neuen Nationalgalerie zu realisieren. In diesen Arbeiten, zusammengefasst unter dem Titel Triptychos Post Historicus, konfrontiert und vereint der Künstler ‘Hochkunst’ mit Alltäglichem und Natur und verändert so dauerhaft die Beziehung zwischen musealer Sammlung und Künstler, indem ein existierendes Werk aus der Sammlung als ‘Ready-made’ deklariert und letztlich als Ausgangspunkt für ein eigenes Werk genutzt wird. Die Werkserie Triptychos Post Historicus markiert nicht nur einen wichtigen Einschnitt innerhalb Dimitrijevićs künstlerischer Praxis, sondern erwies sich gleichsam als prophetisch für die wenig später einsetzende Tendenz der Appropriation Art und trug darüber hinaus zu einer Neubewertung kunstgeschichtlicher Chronologien durch Kuratoren und Museumsleute bei.

Berlin, ein Ort voller historischer Verweise, inspirierte den Künstler auch zu seiner fotografischen Serie This Could be a Place of Historical Interest, die später auf der documenta 6 ausgestellt wurde. Paradoxerweise zeigen die Fotografien stets unscheinbare Orte ohne offenkundige historische Bedeutung und stellen eben darum das gesamte Konzept historischer Wichtigkeit und die ihm zu Grunde liegenden Annahmen effizient in Frage.

Das wohl spektakulärste in Berlin entstandene Werk des Künstlers ist ein Denkmal im Garten des Schlosses Charlottenburg. Das Projekt, begonnen während seines Aufenthalts 1976, wurde erst 1979 mit finanzieller Unterstützung des Berliner Senats, der Berliner Lottogesellschaft, des DAADs und des Schlosses Charlottenburg umgesetzt. Ein 10 Meter hoher Obelisk aus weißem Carrara-Marmor wurde zu Ehren des Geburtstags von Peter Malwitz errichtet, den Dimitrijević rein zufällig getroffen hatte. Der Künstler ließ den Geburtstag der Zufallsbekanntschaft mit goldenen Lettern in vier Sprachen eingravieren: 11 March – This Could be a Day of Historical Importance. Dieser „Obelisk jenseits von Geschichte“, wie der Künstler sagt, ist ein monumentales Zeugnis früher Konzeptkunst und erinnert den Besucher des Schlossgartens noch heute an eine Ära, in der gewagte Kunstprojekte realisiert werden konnten.

Daniel Marzona zeigt nun eine Auswahl zentraler Arbeiten von Braco Dimitrijević aus diesen Jahren.